Entlang der Westkueste – Folge 2
Hallo liebe Fangemeinde,
Weiter gehts mit dem wahrscheinlich längsten Eintrag ;-)
Der heimlichen Dusche im YHA Backpacker, die zumindest bei Laura mit ordentlich Herzklopfen verbunden war, folgte ein Besuch im lokalen Kino. Dieses war mit super bequemen Retro-Sofas und alten Autos ausgestattet. Zwischen durch gab es frisch gebackene Kekse, so dass man fast das Gefühl hatte im heimischen Wohnzimmer zu sein. Am Morgen ging es um den Wanaka See herum zum Rob Roy Gletscher im Mount Aspiring National Park. Nach 30 km Schotterpiste kamen wir auch endlich am Parkplatz an (von wo aus der Pfad zum Gletscher führte) um begeistert festzustellen, dass wir nicht allein diesen Weg auf uns genommen hatten. An die 50 Autos hatten sich dort breitgemacht und die Wanderlust verging uns kurzzeitig als wir die Tourimassen sahen. Zum Glück waren wir recht spät dran, um nach 2 Stunden einen fast einsamen Blick auf den imposanten Gletscher zu geniessen. Da wir nur knapp vor Dunkelheit wieder bei unserem „Heim“ / Van ankamen, nächtigten wir dort im Tal. Unsere glücklicherweise zuvor gekauften Merino (Schafswolle) Hemden mussten dann auch gleich den Härtetest bestehen, da diese Nacht bitter kalt war, so dass wir morgens mit unserem multifunktionalen Kochlöffel die Windschutzscheibe von Eis befreien mussten! „Brrrr“
Durchs frostige Tal an Schafen und Kühen vorbei, denen die Kälte relativ schnuppe zu sein schien, tuckerten wir über Queenstown (Geburtsstätte des Bungyjumps, was wir diesmal ausließen ;-) ) weiter nach Te Anau, wo wir uns im Sandfly Cafe, Kaffee und Karottenkuchen (Jürgens neues Kuchenhighlight) gönnten. Die daraufhin folgende, abendliche und bei strömendem Regen stattfindende Forellenjagd im Fluss, ging fuer uns mal wieder leer aus :( Dafür entschädigte aber der verzaubert zu scheinende und mysteriöse Märchenwald, bevor wir den weltberühmten Fjord (Milford Sound) ansteuerten. Um diese einzigartige Szenerie aus der Nähe zu betrachten hatten wir eine Bootstour gebucht, für die wir am nächsten Morgen noch bei Dunkelheit aufstanden, um die serpentienreichen letzten 50km von unserem Nachtlager aus zu bewältigen. Der einspurige, unverputzte Tunnel auf der Strecke gab uns beiden einen leichten Schlottermann, da man fast das Gefühl hatte durch eine Tropfsteinhöhle zu fahren, oder in einem 100 Jahre alten, mit Pickel und Meißel durchbrochenen Tunnel zu sein, der nur durch Holzstämme gehalten wird. Diese morgendliche Aufregung wurde nur durch die dauauffolgende Bootsfahrt getoppt. Wer noch nie einen richtigen Fjord gesehen hat (so wie Laura) ist förmlich geflasht von den Steilhängen die sich rechts und links emporstrecken, während das Boot langsam die 12km gen offenem Meer zurücklegt. Hocherfreut kamen wir dabei sogar in den Genuss Delfine aus nächster Nähe um unser Boot herumspringen zu sehen. Ein Stop am Fuße eines 100 Meter hohem Wasserfalls, bot uns die ganze Naturgewalt der hinabstürzenden Wassermassen, von denen uns die Gischt fast die morgendliche Dusche ersparte.
Zurück in Te Anau (und heil durch den Tunnel) ging es weiter gen Süden zu den Clifton Caves. Diese Höhle hatte Jay bereits vor 4 Jahren alleine erkundet und war nun um so mehr begeistert sich mit Laura nochmals in die Tiefen der Unterwelt zu stürzen. Wir kamen auch bis an die letzte heikel Stelle, die es zu meistern galt; wobei wir einen 5 m breiten, kreisrunden Wasserbasin, welcher einen Tiefe von 2-3 Metern hatte, mit schräg ins Wasser reichenden Seitenwänden überqueren mussten. Nach längerem studieren der Wasserhöhe, die seit dem letzten mal erheblich zugenommen hatte, gaben wir die Suche eines möglichen Weges um das Nass zu durchqueren auf und wollten uns auf den Rückweg machen. Doch trafen wir glücklicherweise auf 2 Tschechen (Jana & Vincent), die so überzeugt schienen den unüberwindlich zu scheinenden Pool durchkreuzen zu wollen, dass wir uns kurzer Hand anschlossen. So hieß es also allen Mut zusammenzunehmen und mit Schuhen am 15cm breitem Rand des Basins im seichten Wasser entlang zu balancieren ohne in die Tiefe zu rutschen. Mit leicht zitternden Knie und druchweichten Schuhen gelangten wir am Ende heil ans Tageslicht. Die anschließende Kochsession mit den anderen beidem Höhlenforschern bestand unsererseits aus geröstetem Kürbis, Kumera (neuseeländische Süßkartoffel) & Zucchini, rote Beete Salat, diversen Dips und Tomatenrührei, wohingegen Jana & Vincent etwas spantanischer auftischten: es gab wie scheinbar echt häufig Zwiebeln, Zucchini und Karotten mit Baked Beans und Spiegelei obendrauf – alles aus einer Pfanne. Der stundenlange, rege Reise-Erlebnis-Austausch, führte dazu, dass wir mal wieder unser Nachtlager im Dunkeln aufsuchen mussten – was weiter gen Süden gelegen war, wobei die anderen beiden Richtung Norden wollten. Mit einer Einladung nach Prag und Lübeck trennten sich unsere Wege vorzeitig.
Mit Invercargil erreichten wir den südlichsten und am weitesten von euch alle weggelegenen Punkt, was bedeutete: danach wurde die Kurve gekratzt und es ging wieder aufwärts. Das verregnete Invercargil bot uns die großartige Gelegenheit gleich 5 der sich aneinanderreihenden Secondhand/Hospice Shops aufzusuchen. Wie man vielleicht schon gemerkt hat, haben wir uns der Sammlung alter/antiker Tennisschläger gewidmet, von denen wir bereits 4 Stück im Laufe unsere Reise hier und da ergattert hatten. Und schon nach kürzester Zeit des Stöberns waren wir stolze Besitzer 2 neuer, bzw. alter Schläger.
Was macht man noch so schönes an einem verregneten Tag? Richtig! Im Café sitzen und zusehen wie der Straßenrand rechts und links immer mehr die Form eines Flusses annimmt (allerdings nicht fürs Angeln zu empfehlen ;-). In dem mit mehreren Preisen ausgezeichneten „The Batch“ Café zeigte Jay nach Kaffee Nr. 3 dann erste Anzeichen eines Koffein Schocks, der bis in die Nacht hinein anhielt. „Ich trinke erstmal keinen Kaffee mehr!“ war seine Aussage am nächsten Morgen (dieser Vorsatz hielt genau einen Tag).
Die Catlines die sich entlang des Südens rüber zur Ostküste schlängeln schenkten uns weiterhin ordentlich viel Regen, wobei wir trotzdem die gelegentlichen Abstecher zu einigen der zahlreichen Wasserfälle nicht missen wollten.
In Dunedin wurde es dann endlich mal wieder etwas trockener, so dass Jay gleich schon die Nässe vermisste und sich wagemutig in die eiskalten dunediner Wellen stürzte, ausgerüstet mit dem geschenkten Bodyboard, die im secondhand Laden erworbenen Flossen und dem vor Ort geliehenen Neoprenanzug. Auf dem Wochenmarkt konnten wir endlich mal wieder unser abgebranntes Obst- & Gemüselager aufstocken und trotz des schmerzlichen Preises von $7 für ein winziges Stück lokalem Ziegenkäse konnten wir einfach nicht widerstehen.
Die einzigartige neuseeländische Fauna bot uns Moeraki, da dort die seltenen nur in Neuseeland vorkommenden „Yellow-Eyed“ Pinguine anzutreffen sind. Natürlich kamen wir dort wie immer überpünklich um 19:40 Uhr an und verpassten die Öffnungszeiten des Schutzgebietes der Pinguine um satte 10min… Mies gelaunt (da wir uns schon tagelang auf die Pinguin Kolonie gefreut hatten) machten wir uns auf die Socken zum nahegelegensten Nachtlager mit geringer Hoffnung die kleinen Racker am nächsten morgen beaeugen zu dürfen. Zu unserer Überraschung und riesen Freude, waren nach kurzem warten von unserem gut geschützten Beobachtungsposten aus, gleich 3 kleine Frackträgen im Watschelmarsch gen Wasser unterwegs. Euphorisch umrundeten wir nach diesem Erlebnis den eingezäunten Brut-und Schlafbereich, um eventuell einen näheren Blick auf den ein oder anderen gelbäugigen Bandit (die Pinguine haben nämlich nicht nur gelbe Augen sondern auch eine lustige aussehnde gelbe Augenbinde) durch das dicker Gehölz zu werfen.
Neben dem Zaun stehend sahen wir noch zwei weitere im Dickicht umherrendenen Pinguine, die auf einmal kehrt machten und direkt auf uns zu gewankt kamen. Laura fast sprachlos brachte nur ein leises „was machen wir jetzt?!“ über die Lippen, da man sich den „wilden Wesen“ eigentlich nicht mehr als 10-15m nähern soll. Die zwei putzigen Watschler waren von uns Zweibeinern aber nicht im geringsten beeindruckt geschweige denn beunruhigt und so stiefelten sie ca. 3 Meter neben uns weiter den Trampelpfad hinauf. Die einzige Laute die wir von uns gaben kam von den Klickgeräuschen unserer Kamera die diesen einzigartigen Moment festzuhalten versuchte. Langsam folgten wir den beiden, die schwupsdiewups wieder unterm Zaun verschunden waren und sich dicht aneinander schmusten um ihr Balzritual zu beginnen. Ein wirklich einmaliges Erlebnis für uns beide, das durch kein anderes an diesem Tag getoppt werden konnte. Die seltsame Naturerscheinung von rießen Kugeln am Strand (bolders), deren Entstehung sich niemand wirklich erklären kann, kam nicht annähernd an die Begegung mit den „yellow-eyed“ Pinguinen heran.
In Omarau begaben wir uns auf eine kleine Zeitreise ins frühe 20.Jahrhundert. In den Straßen und Läden gab es allerhand antikes zu bestaunen, Frauen in altertümlichen Kostümen und ein alter Bahnhof mit entsprechender Dampflokomotive.
Von der Küste wieder weg tingelten wir im Inland zum lake Tekapo, um das türkise Wasser mit dem im Hintergrund sich empor streckenenden Mount Cook zu bewundern. Waehrend alle Touris ununterbrochen am Fotoschiessen waren, legten wir eine morgendliche Tennissession auf dem Parkplatz ein, um die Postkartenszenerie anderweitig wertzuschaetzen.
Bevor wir an diesen mit Touribussen nur so strozenden Ort kamen, verbrachten wir einige Stunden in trauter Zweisamkeit an den gewaltigen Steinformationen der „Elephant Rocks“. Diese malerischen Kalksteine formten skurielle Gebilded die wie aus einer anderen Welt schienen. Aber auch das sattgrüne Gras innerhalb der gewaltigen Kalkstein-Szenerie machten den Anblick nicht weniger utopisch und absolut surreal.
Peel Forest! “ kann man mal hin fahren“ irgendwo im nirgendwo, aber Wald klingt immer gut und Wasserfälle soll es da auch geben. Also wollten wir auf einen kurzen Abstecher mal von der Hauptroute ab – daraus wurden fast 3 Tage bei Mike und Kelly den Besitzern des lokalen Ladens/Cafés/ Poststelle/ Campingplatzes. Aus einem kurzen Gespräch entwickelte sich schnell eine stundenlange Unterhaltung über Gott und die Welt die damit (gegen 10 Uhr abends!) endete das Mike uns umsonst auf seinem Campingplatz (mit heißer Dusche!) nächtigen ließ (hätte sonst $30 gekostet, die nicht wirklich in unserem Budget lagen). Den Tag danach verbrachte Jay wieder einmal vergeblich mit dem Versuch einen Lachs oder eine Forelle zu fangen, wobei Laura mit Mike (dem Multijobber) die Post zu den weit entlegenen Häusern und Residenzen ausfuhr, die bis 60km weit entfernt auf einer Schotterpiste entlang langen. Nachmittags gab es dann ein gemeinsames Tennismatch mit unseren Oldschool-Tennisschlägern (Mike steuerte sogar einen zu unsere Sammlung bei), wobei ihr Sohn Isaac ordentlich mitmischte. Den Abend verbrachten wir 5 dann gemeinsam am Ofen sitzend. Bei leckerem Essen tauschten wir uns ueber kulturelle Leckereien wie z.B. Kaiserschmarn aus, den Laura am naechsten Morgen mit Kelly machte, um diesen evtl. in ihr Repertoir fuers Cafe aufzunehmen. Er fand grossen Anklang :)
Nur ungern verliessen wir kurz darauf die nette Gesellschaft, um am Arthurs Pass die Alpinenlandschaft zu durchfahren. Wir wollten unbedingt in die uns von so vielen Leuten empfohlene Hoehle (Stream Cave) gehen, dass wir nicht mal von der mittlerweile eingetretenen Dunkelheit abgeschreckt wurden und uns wild entschlossen mit Taschenlampen ausgestattet auf naechtliche Hoehlenexpeditionen begaben. Durch die Hoehle fliesst ein unterirdischer Gebirgsfluss, der zum Teil sehr reissend und extrem kalt ist. Kalt war er auf jeden Fall und reissend auch, aber nichts was uns davon haette abhalten koennen, bis zum Bauch im Wasser durch die eisigen Fluten zu wandern. Die fast 15 Meter hohen Hoehlendecken und auch die Waende zeigten, wie hoch sich das Wasser zum Teil durch die Hoehle gegraben hatte. Laura sah sogar einen kleinen Fisch im glasklaren Wasser herumschwimmen, aber die Angel hatte Jay natuerlich vergessen :P Nach einer knappen Stunde des gegen den Strom laufens und kletterns, sahen wir endlich nicht das Tages- sondern das Mondlicht. Die darauffolgende Nacht sollte nicht weniger ereignisreich werden, da uns ein kleines Maeuschen (was irgendwie seinen Weg ins Auto gefunden hatte) auf Trapp hielt. Wie wir spaeter erfuhren, war dieser Campingplatz bruechtigt fuer seine Maeusemassen. Was wir nicht ahnen konnten und schoen alle Kracker und Kekse fuer unser Maeuschen foermlich auf dem Praesentierteller bereitgestellt hatten. Nachdem wir nachts um 3 anfingen das Auto auseinanderzunehmen, fand der kleine Stoerenfried doch endlich den richtigen Ausgang.
Der Abstecher zum Arthurs Pass endete mit der Besteigung riesiger Kalksteinfelsen, die ueber Millionen von Jahren durch Gletscher und Fluesse geformt wurden und nun wie schlafende Trolle ueberall verteilt umherliegen. Apropos liegen; ihr seid nach diesem etwas zu lang geratenen Bericht sicher auch reif fuer ein Nickerchen, daher gibt es jetzt einen Cut und wir sagen: Tschuess und auf Wiedersehen – bis zum naechsten Mal!
Laura und Jay
P.S. wir entschuldigen uns fuer die Karl-May-aenhlichen-Textkonstruktionen ;P
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